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Acetyl-L-Carnitin

Acetyl-L-Carnitin fördert während der Fettsäureoxidation die Aufnahme von Acetyl-CoA in die Mitochondrien, es steigert die Acetylcholin-Produktion


Verzehrvorschlag
Acetyl-L-Carnitin wird gewöhnlich in Tabletten- oder Kapselform angeboten. Die Dosierung liegt meist im Bereich von 1-3 g pro Tag in mehreren Teildosen. Die Supplementierung mit ALC gilt in diesen Dosisbereichen als sicher. Auch bei Langzeitanwendung (ein Jahr) sind keine signifikanten Nebenwirkungen bekannt. Als häufigste unerwünschte Reaktionen wurden Agitiertheit, Übelkeit und Erbrechen beobachtet. (2,9)

Lieferquelle

Die Funktionen im Körper

Einleitung

Acetyl-L-Carnitin (ALC) ist ein Ester der dreifach methylierten Aminosäure L-Carnitin und wird durch das Enzym ACL-Transferase in Gehirn, Leber und Nieren des Menschen gebildet. Acetyl-L-Carnitin fördert während der Fettsäureoxidation die Aufnahme von Acetyl-CoA in die Mitochondrien, es steigert die Produktion von Acetylcholin und stimuliert die Synthese von Proteinen und Membran-Phospholipiden. Aufgrund seiner strukturellen Gemeinsamkeiten mit Acetylcholin wirkt ALC zudem als Parasympathomimetikum. Medizinische Studien belegen den erfolgreichen Einsatz von ALC bei Alzheimer-Demenz, Altersdepression, HIV-Infektion, diabetischer Neuropathie, zerebraler Ischämie/Reperfusion und bei alkoholinduzierten kognitiven Störungen.(1-3)

Pharmakokinetik

L-Carnitin und Acetyl-L-Carnitin werden oral oder intravenös verabreicht und dann im Jejunum durch einfache Diffusion resorbiert. Der Übertritt ins Gewebe erfolgt durch einen aktiven Transportmechanismus. Studien ergaben, dass sich unter Einwirkung des Enzyms Carnitinacetyltransferase ein Gleichgewicht der Plasmakonzentrationen von ALC und L-Carnitin. Sowohl nach oraler als auch nach intravenöser Verabreichung lässt sich ein entsprechender Anstieg der ALC-Konzentration im Liquor beobachten. Dies zeigt, dass die Substanz leicht durch die Blut-Hirn-Schranke gelangt. L-Carnitin und seine Ester werden nur in geringem Umfang verstoffwechselt und anschließend auf dem Wege einer tubulären Rückresorption renal ausgeschieden. Die Clearance-Rate nimmt mit der Plasmakonzentration dieser Substanzen zu.(4-5)

Wirkungsmechanismen

Die exakten Wirkungsmechanismen von Acetyl-L-Carnitin sind bislang ungeklärt. Neueren Forschungsarbeiten zufolge könnten sie damit zusammenhängen, dass ALC als cholinerger Neurotransmitter fungiert und in der Lage ist, den neuronalen Stoffwechsel in den Mitochondrien anzuregen. Purpura et al. haben die cholinergen Wirkungen von ALC auf die Blockade der postsynaptischen Inhibitionspotenziale zurückgeführt, (6) während andere Autoren postulieren, dass sie auf einer direkten Stimulation der Synapsen beruhen.(7) Im Zusammenhang mit dem gesteigerten zellulären Energiestoffwechsel in den Mitochondrien haben klinische Studien gezeigt, dass ALC über die Regulation des Sphingomyelin-Spiegels die Fluidität der Zellmembran stabilisieren kann und darüber hinaus ein Substratreservoir für die zelluläre Energieproduktion darstellt. Auf diese Weise verhindert es einen exzessiven neuronalen Zelltod. Auch konnte nachgewiesen werden, dass Acetyl-L-Carnitin die Bindung von Glukokortikoiden und von Nervenwachstumsfaktor im Hippocampus verstärkt.(8)

Therapeutische Informationen:

Alzheimer-Demenz:

In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass ALC bei Patienten mit Alzheimer-Demenz die kognitiven Leistungen positiv beeinflusst. Die Studiendauer betrug in der Regel 3 bis 6 Monate. Die Prüfmedikation bestand in oralen Dosen von 1-3 g ALC pro Tag. Obgleich die Ergebnisse uneinheitlich waren, ließ sich bei den Aufgaben zur Bewertung von visuellräumlichen Fähigkeiten, kognitivem Leistungstempo, Konzentrationsfähigkeit und Unterscheidungsfähigkeit sowie bei den Tests zur Beurteilung des visuellen Gedächtnisses (Wiedererkennen von Personen) insgesamt eine deutliche Verbesserung beobachten.(9-11) In einer Studie wurde nachgewiesen, dass bei einer Dosierung von 2 g/die ALC die Verschlechterung der Reaktionszeit abnimmt und eine Leistungssteigerung in Bezug auf das Kurzzeitgedächtnis erzielt werden kann.(9) Zur Langzeitwirkung von ALC liegen nur wenige Untersuchungen vor, doch konnten Spagnoli et al. nachweisen, dass die einjährige Behandlung mit 1-2 g/die ALC zu einer Besserung der Verhaltensstörungen und zu einer Steigerung der Langzeitgedächtnisleistung führte.(2)

Depression:

Bei Patienten mit Major Depression wurde eine Veränderung der zirkadianen Rhythmik der Kortisolsekretion in Verbindung mit einem Anstieg der Gesamtkortisolsekretion nachgewiesen.(12) Die Ursache hierfür dürfte in einer verstärkten Aktivierung des Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Systems (HPA-System) liegen. Tierexperimentellen Untersuchungen zufolge kann die Gabe von ALC die HPA-Aktivität hemmen, den Kortisolspiegel entsprechend senken und auf diese Weise eine Besserung der depressiven Symptomatik bewirken. Zu der Frage, ob ALC auch beim Menschen eine Modulation der HPA-Aktivität bewirken kann, liegen bislang keine Daten vor.(13) In einer zweimonatigen Studie an 24 älteren depressiven Patienten erwies sich die ALC-Behandlung als hochwirksam, und zwar insbesondere in der Patientengruppe mit besonders schweren Depressionssymptomen.(14) In einer weiteren Studie an 28 älteren Patienten wiesen Garzya et al. nach, dass eine Supplementierung mit dreimal täglich 500 mg ALC eine wirksame Behandlung von Depressionssymptomen ermöglicht. Die Teilnehmer beider Studien wurden mit Hilfe der Hamilton Rating Scale for Depression evaluiert, wobei sich an der Abnahme der Scores eine klare Besserung der depressiven Symptomatik ablesen ließ.(15)

HIV-Infektion:

Die gravierendste immunologische Veränderung bei HIV-infizierten Patienten besteht in einer Abnahme der CD4-Zellen als Ergebnis einer Lymphozytenapoptose. In einer kleineren Studie an elf asymptomatischen HIV-infizierten Patienten untersuchten Di Marzio et al. die Wirkungen von ALC auf CD4- und CD8-Zahlen, auf die Apoptose und schließlich auf die Konzentration des Insulinartigen Wachstumsfaktors 1 (IGF-1). Über einen Zeitraum von fünf Monaten erhielten die Probanden ALC in einer Dosierung von 3 g/die. Die Ergebnisse zeigten, dass die ALC-Substitution zu einer erheblichen Abnahme der Lymphozytenapoptose führte. Mögliche Ursache hierfür ist eine verminderte Ceramidbildung und/oder ein Anstieg des IGF-1-Serumspiegels. IGF-1 ist von entscheidender Bedeutung für die Hemmung der Apoptose.(16) Bei HIV-Infizierten, die mit Nukleosid-Analoga behandelt werden, tritt als Nebenwirkung der Medikation häufig eine periphere Neuropathie auf. Bei Patienten unter Stavudin, Zalcitabin oder Didanosin ist aus diesem Grunde zuweilen ein Abbruch der Therapie erforderlich. Neuere Studien legen nahe, dass Acetyl-L-Carnitin ebenso wie rekombinanter humaner Nervenwachstumsfaktor in dieser Situation von Nutzen sein kann.(17)

Diabetische Neuropathie/Katarakt:

Ungefähr ein Drittel aller Diabetiker leidet an einer peripheren Neuropathie.(18) In tierexperimentellen Untersuchungen wurde ein Zusammenhang zwischen einer Dysbalance im Carnitin-Stoffwechsel und verschiedenen metabolischen und funktionellen Störungen bei diabetischer Polyneuropathie nachgewiesen.(19) Derzeit liegen keine klinischen Studien zur Wirksamkeit einer oralen ALC-Substitution bei diabetischer Neuropathie vor. In den bis dato durchgeführten klinischen Untersuchungen erfolgte die Supplementation mit einer injizierbaren Formulierung. In diesen Studien konnte mit der Injektion von ALC eine Linderung der neuropathischen Schmerzen und eine Verbesserung der Nervenfunktion erzielt werden.(20-21) Durch die Bildung von Endprodukten fortgeschrittener Glykierung (AGE) kommt es bei Diabetikern häufig auch zur Entwicklung von Katarakten. In Studien an Ratten mit experimentell induziertem Diabetes mellitus wurde eine dramatische Erschöpfung der L-Carnitin- und Acetyl-L-Carnitin-Speicher in der Augenlinse nachgewiesen. In einer anderen Studie wurde Linsengewebe von Kälbern über den Zeitraum von 15 Tagen mit L-Carnitin und ALC inkubiert. Dabei zeigte sich, dass Acetyl-L-Carnitin in vitro die Glykierung von Linsenkristallinen um 42 Prozent reduzierte, während L-Carnitin keinen Einfluss auf diesen Prozess hatte.(22)

Zerebrale Ischämie und Reperfusion:

An Tiermodellen postischämischer zerebraler Schäden wurde die neuroregenerative Wirkung von ALC eingehend untersucht. Diese Studien dokumentieren, dass ALC das Ausmaß der neurologischen Folgeschäden reduziert,(23) die durch freie Radikale vermittelte Proteinoxidation verhindert, die Konzentration von Metaboliten des zerebralen Energiestoffwechsels normalisiert (24) und den Milchsäuregehalt während der frühen postischämischen Reperfusionsphase senkt.(25) Obgleich die Zahl der tierexperimentellen Untersuchungen eindeutig überwiegt, liegen auch Ergebnisse klinischer Studien vor. So untersuchten Rosadini et al. an zehn männlichen Patienten mit zerebraler Ischämie die Wirkungen von ALC auf den regionalen Blutfluss im Gehirn. Die Autoren beobachteten eine Stunde nach intravenöser Applikation von 1500 mg ALC bei acht von zehn Patienten positive Veränderungen.(26)

Kardiovaskuläre Störungen:

Acetyl-L-Carnitin stimuliert ebenso wie L-Carnitin den für die ATP-Produktion erforderlichen Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien der Skelettmuskulatur und des Herzmuskels und schützt so vor einer Schädigung durch freie Radikale.(27) Tierstudien belegen zudem, dassw die Gabe von ALC die altersbedingte Abnahme des Cardiolipingehalts in den myokardialen Mitochondrien rückgängig macht.(28)

Alkoholabusus:

In verschiedenen Tiermodellen wurde untersucht, wie sich die Gabe von Carnitin und ALC auf den Alkoholabbau in der Leber auswirkt. Cha und Sachan machten die Beobachtung, dass Carnitin und ALC die Alkoholoxidation verzögert, dass aber die Carnitin-Konzentration hundert Mal höher sein muss als die Acetyl-L-Carnitin-Konzentration, um die gleiche maximale Inhibition zu erzielen. Die Autoren gelangten zu dem Schluss, dass Acetyl-L-Carnitin bei der carnitininduzierten Hemmung der Ethanoloxidation als Mediator fungiert und dass die Hemmung kompetitiv in Konkurrenz mit NAD+ erfolgt.(29-30) In einer 90-tägigen Studie an 55 chronisch Alkoholkranken besserte ALC die kognitiven Leistungen der Patienten. Dies spricht für einen potentiellen Nutzen von Acetyl-L-Carnitin in der Therapie kognitiver Störungen bei alkoholkranken Patienten.(31)

Quelle: Alternative Medicine Review, vol 4.6